Filmische Hochzeitsfotografie mit Gurvir Johal
Hochzeiten sind heute größer und pompöser als je zuvor. Die Fotojournalistin Natalie Denton unterhält sich mit dem Hochzeitsfotografen Gurvir Johal. Sein filmischer Stil ist der Aufgabe mehr als gewachsen, das extravagante Ausmaß und die Pracht der Feierlichkeiten einzufangen
Die Hochzeitsfotografie entwickelt sich ständig weiter. Deshalb ist das Einfangen von Momenten, die die Zeit überdauern und gleichzeitig moderne Trends subtil einbeziehen, der Schlüssel zu eindrucksvollen Bildern. Ein Künstler, der für seine zeitlos eleganten Bilder bekannt ist, die meisterhaft Elemente des modernen Flairs enthalten, ist der preisgekrönte Fotograf Gurvir Johal. Gurvir fotografiert sowohl technisch als auch künstlerisch auf höchstem Niveau. Er ist ein Wedding and Portrait Photographers International (WPPI) Double Master und ein Fellow der Society of Wedding and Portrait Photographers – eine Auszeichnung, die nur die allerbesten seines Fachs erhalten. Hier verrät euch der Nikon-Creator Tipps und Tricks, um seinen begehrten Filmstil so nachzustellen, dass er der Zeit standhält.
Licht wie ein Künstler nutzen
Ob Tageslicht, um die Schönheit hervorzuheben, oder künstliche Beleuchtung für eine geheimnisvolle Stimmung: Licht ist grundlegend für Gurvirs Stil. „Der Unterschied zwischen einem guten und einem großartigen Bild liegt oft in der effektiven Nutzung des Lichts“, erklärt der in Birmingham und London lebende Fotograf. Erst nach jahrzehntelangem Experimentieren mit anderen künstlerischen Medien hat er sich der Fotografie verschrieben. Jetzt ermutigt er alle Interessierten, wie ein Künstler mit Licht zu experimentieren. So kann man besser verstehen, wie man es in verschiedenen Situationen beherrschen kann. „Ich habe kein einheitliches Setting für meine filmischen Aufnahmen“, sagt er. „Stattdessen passe ich mich dem Gefühl und der Atmosphäre der jeweiligen Szene an. Dabei kann es sich um weiches, natürliches Licht handeln oder um dramatische, unterbelichtete Einstellungen, die mit künstlichem Licht verstärkt werden – je nachdem, was der Moment erfordert.“
Gurvir verrät, dass er sich bei schlechten Lichtverhältnissen in der Regel auf Blitzlicht oder Dauerlicht verlässt. Wenn dieses gut gemacht ist, erzeugt es die weichen, romantischen Merkmale, für die seine Bilder so berühmt sind. „Das erreiche ich zum Beispiel mit Modifikatoren oder indem ich das Licht von Oberflächen reflektiere“, beschreibt er. „Bei der Beleuchtung von Gesichtern positioniere ich die Lichtquelle knapp über der Augenhöhe, um ein natürlich wirkendes Licht in den Augen zu erhalten. Was wirklich großartig ist, sind die hohen ISO-Fähigkeiten der spiegellosen Nikon-Kameras wie der Nikon Z8 und der Zf. Damit kann ich bei schlechten Lichtverhältnissen klare Bilder ohne übermäßiges Rauschen aufnehmen.“
Das Eindrucksvolle des Moments entdecken
Was Gurvir oft von seinen Kolleg:innen unterscheidet, ist, dass er den Veranstaltungsort erst am Tag der Hochzeit sieht, statt ihn vorher auszukundschaften. „So entwickle ich ganz frische Ideen und einen Spielplan, der auf den aktuellen Bedingungen des Moments basiert“, erklärt er. „Sonnenauf- und -untergang zum Beispiel bieten magische Lichtverhältnisse, die sich ideal zum Fotografieren eignen – auch wenn der Zeitplan der Feierlichkeiten nicht immer dazu passt. Aber wann immer möglich, nutze ich das weiche Licht voll aus, um beeindruckende Kompositionen mit Gegen- oder Seitenlicht zu schaffen.“
„Ich habe keine strikte Vorliebe für Innen- oder Außenaufnahmen. Es hängt alles von Faktoren wie dem Zeitpunkt, dem Wetter und dem jeweiligen Standort ab. Jede Umgebung bietet einzigartige Möglichkeiten für überzeugende Kompositionen, und ich passe meinen Ansatz dementsprechend an.“
Kreative Kompositionen
„Typische Plätze wie Treppen, Bäume oder Fenster bieten oft die besten Voraussetzungen für überzeugende Bilder“, verrät Gurvir auf die Frage, worauf er bei der Inszenierung seiner filmischen Aufnahmen achtet. „Nehmt saubere Hintergründe, die das Motiv ergänzen, statt davon abzulenken. Für aussagekräftige Kompositionen beziehe ich Führungslinien, Rahmen und die Drittelregel ein, um den Blick auf das Motiv zu lenken.“
Laut Gurvir liegt der Schlüssel zur Schaffung der eindrucksvollsten Bilder in den Emotionen und der jeweiligen Geschichte. „Hochzeitsfotografie erfordert mehr als nur technisches Können“, gibt er zu bedenken. „Sie erfordert ein tiefes Verständnis für menschliche Emotionen. Man muss Momente vorausahnen und mit den Bildern eine zusammenhängende Erzählung schaffen. Bei anderen Genres hat man oft mehr Kontrolle über die Umgebung oder das Motiv. Hochzeiten sind dagegen unvorhersehbar, mit flüchtigen Momenten, die man nicht nachstellen kann.“
Die eigene Ausstattung kennen
Um für die kurzen Momente bestens gerüstet zu sein, empfiehlt Gurvir, sich mit seiner Kamera und seinen Objektiven vertraut zu machen: Das bringt Tempo und Flexibilität, wenn man sich an schnell wechselnde Bedingungen anpassen muss.
Gurvirs bevorzugtes Objektiv für Gruppenaufnahmen ist das NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S. „Dieses Objektiv bietet eine unglaubliche Vielseitigkeit und Schärfe über verschiedene Brennweiten hinweg“, schwärmt er. „Der Autofokus von Nikon ist selbst bei der Verfolgung von Motiven hervorragend, insbesondere in dynamischen Hochzeitsumgebungen. Der Augen-AF ist besonders nützlich, um Gesichter stets scharf abzubilden, selbst bei Schnappschüssen. Ich verwende AF-S.“ Für Porträts von Braut und Bräutigam bevorzugt er das NIKKOR Z 85mm f/1.2 S: „Es bietet ein atemberaubendes Bokeh und eine hohe Schärfe, die mit ihrer schönen Tiefenschärfe für ein filmisches Gefühl sorgt.“
Das Spiel mit der Nachbearbeitung
Wie die meisten Profis nimmt Gurvir alles im RAW-Format auf. Schließlich erhält man damit die größtmögliche Menge an Informationen – entscheidend für Flexibilität und Qualität in der Nachbearbeitung. Hier lässt Gurvir seine künstlerischen Muskeln spielen: „Bei der Nachbearbeitung versuche ich immer, die natürliche Schönheit des Bildes zu unterstreichen“, sagt er. „Das Wichtigste ist für mich das Color Grading, um einen filmischen Look zu erzielen. Außerdem sorge ich natürlich für die richtige Belichtung und füge subtile Vignetten hinzu, um den Blick auf das Motiv zu lenken. Einheitlichkeit beim Bearbeitungsstil ist wichtig – dann sieht das gesamte Hochzeitsalbum stimmig aus.“
Die Entscheidung, ob das Bild in Farbe bleibt oder in Schwarz-Weiß umgewandelt wird, hängt von der Stimmung oder der Geschichte ab, erklärt Gurvir: „Schwarz-Weiß verleiht eine zeitlose, emotionale Qualität, während Farbe die Lebendigkeit und die Details einer Szene hervorhebt. In der Regel entscheide ich diesen Punkt in der Nachbearbeitung und nicht mit den Monochrom-Funktionen der Kamera.“
Abschließende Gedanken
Gurvir ist der Meinung, dass eine Kombination aus der richtigen Perspektive, durchdachter Beleuchtung und Nachbearbeitung zu einem fesselnden Hochzeitsfoto führt – in einem filmischen Stil, der sich durch seine dramatischen und romantischen Elemente auszeichnet. „Alles, was man braucht, ist eine sorgfältige Planung, gut überlegte Einstellungen und eine präzise Beleuchtung. Dann kann ich Hochzeiten auf eine atemberaubend elegante und dramatische Weise fotografieren, die das Beste aus dem schönen Ort herausholt. Man schafft ein unvergessliches Bild, das Braut und Bräutigam auch Jahre später noch gern ansehen werden“, fasst er zusammen.
Was steckt hinter dem Bild?
Gurvir analysiert die obige Aufnahme
1. Fokus auf die Elemente
„Es gab nicht viel Landschaft, aber der Himmel war bedeckt. Ich fotografierte von unten nach oben, um so viel wie möglich vom Himmel einzufangen.“
2. Unterbelichten für Dramatik
„Diese Szene habe ich unterbelichtet, um einen dramatischen Himmel zu erzeugen. Das Paar ist dabei fast eine Silhouette im Bild.“
3. Zusätzliches Licht hinzufügen
„Mein Assistent hielt einen Godox AD200-Blitz in einer Softbox rechts von der Kamera, um Lichter und Schatten auf dem Paar zu erzeugen. Das verleiht dem Bild Tiefe. Diese Positionierung war bewusst gewählt: So erreichte ich ein kurzes Licht auf der Braut, was ich besonders schmeichelhaft finde.“
4. Pose des Paares
„Für die Pose habe ich mich für einen weichen, klassischen Look entschieden. Der Bräutigam beugte sich zu seiner Braut hinunter, und beide hatten einen sanften, weichen Gesichtsausdruck. Diese Pose trug zur romantischen Stimmung des Bildes bei und bildete einen schönen Kontrast zu dem dramatischen Himmel.“
5. Verbesserungen in der Postproduktion
„Nach dem Shooting habe ich ein Color Grading vorgenommen, um den Gesamtton und die Stimmung des Bildes zu verbessern. Außerdem habe ich meinen Assistenten per Photoshop aus dem Bild entfernt, um ein sauberes und fokussiertes Endergebnis zu erzielen.“
1. Den Ort erkunden
„Als ich die symmetrischen Säulen und die stimmungsvolle Beleuchtung des Ortes sah, wusste ich, dass es hier Potenzial für eine dramatische Aufnahme gibt.“
2. Einen kreativen Bildausschnitt wählen
„Die Führungslinien lenken den Blick auf natürliche Weise in die Mitte und bilden so den perfekten Rahmen für einen Blickpunkt.“
3. Aus der Kameraposition denken
„Um die Symmetrie zu betonen und die Wirkung der Führungslinien zu verstärken, positionierte ich meine Kamera in Bodennähe. Diese Perspektive sorgte dafür, dass alle Linien auf die Braut zuliefen, und lenkte die Aufmerksamkeit direkt auf sie.“
4. Pose der Braut
„In letzter Minute hatte ich beschlossen, die Braut in die Nische selbst zu heben. Diese Erhöhung verstärkte nicht nur den Eindruck von Erhabenheit, sondern machte sie auch zum unbestreitbaren Mittelpunkt des Bildes. Ich entschied mich für eine weiche und elegante Pose, bei der sie sich zum Nischenrand lehnt. In dieser anmutigen Haltung fiel gerade genug Licht auf ihr Gesicht und ihr Kleid, um einen eindrucksvollen Effekt zu erzeugen.“
5. Beleuchtung der Szene
„Um die vorhandene Lichtstimmung zu ergänzen und die Braut hervorzuheben, verwendete ich einen Godox AD200-Blitz in einer Softbox, strategisch hinter der letzten Säule links positioniert. Dadurch fiel ein weiches, schmeichelhaftes Licht auf die Braut, das ihre Gesichtszüge und ihr Kleid schön zur Geltung brachte.“
6. Verbesserungen in der Postproduktion
„In der Nachbearbeitung entfernte ich alle ablenkenden Elemente, um eine saubere und symmetrische Komposition zu erhalten. Darüber hinaus passte ich die Farben an, um den Gesamtton und die Stimmung des Bildes zu vereinheitlichen. So konnte ich sicherstellen, dass es die angestrebte dramatische und elegante Atmosphäre widerspiegelt.“
Was steckt in Gurvir Johals Fototasche?
Sein Lieblings-Kit
Nikon Z8 mit dem NIKKOR Z 85mm f/1.2 S und Nikon Zf mit dem NIKKOR Z 40mm f/2.
Kameras
Nikon Z8, Nikon Z6III und Nikon Zf.
Objektive
NIKKOR Z 50mm f/1.8 S, NIKKOR Z 85mm f/1.8 S, NIKKOR Z 14-30mm f/4 S, NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S und NIKKOR Z 70-200mm f/2.8 S.
Blitzgeräte
Nikon SB5000, Godox AD200, Blitzauslöser
Dauerlicht
StellaPro CLX10, Reflex S
Kamerataschen
Manfrotto- und Thinktank-Rolltaschen
Stative
Kleines Manfrotto-Stativ
Nachbearbeitungssoftware
Adobe Lightroom, Adobe Photoshop, Aftershoot, Evoto AI
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