Sich kreativ ausdrücken – beim Fotografieren für Kund:innen
Der Schlüssel zur Authentizität liegt darin, immer wieder seine Grenzen auszutesten und zu experimentieren – findet Mode- und Porträtfotografin April Alexander
April Alexander fängt seit ihrem 14. Lebensjahr Momente mit der Kamera ein. Vor Kurzem tauschte sie als Nikon-Creator im Rahmen der Nikon-Serie The Human Prompt ihr Londoner Studio gegen Kuusamo in Finnland ein. Im Gespräch mit dem Nikon Magazin spricht April über die Entwicklung ihres Stils und wie sie sich bei einem externen Auftrag selbst treu bleibt.
Nikon: Wie würdest du deinen Stil beschreiben?
April: Ich würde sagen, er ist recht sorgfältig und durchdacht. Vor allem bei meinen Tageslicht-Porträts. Wann immer ich meine Kamera in die Hand nehme, versuche ich, das wahre Wesen meiner Muse zu entfesseln. Das ist manchmal schwer, weil wir Menschen dazu neigen, Mauern um uns zu bauen – besonders, wenn wir Fremden begegnen. Vor diesem Hintergrund versuche ich, bei Porträts so echt wie möglich zu sein. Ich möchte nicht nur die Betrachter:innen, sondern auch die Porträtierten dazu bringen, bei der Aufnahme die Emotionen zu spüren. Ich möchte, dass sie sich so sehen, wie sie das vorher vielleicht nicht konnten.
Unterstreicht die Nachbearbeitung deinen Stil?
Ich glaube auf jeden Fall, dass die gesamte Erfahrung den eigenen Stil beeinflusst. Beim Bearbeiten kann man seinen fotografischen Stil so festigen, dass die Leute sagen können: „Ja, das ist definitiv ein Bild von Annie Leibovitz oder April Alexander!“, selbst wenn keine Quelle angegeben ist. Bei der Bearbeitung verwende ich Capture One für die Farbkorrektur und Adobe Photoshop für alle wichtigen Hautretuschen. Ich mag ruhig wirkende Bilder. Um dies zu erreichen, neige ich dazu, die Lichter so weit wie möglich zu reduzieren und die Schatten aufzuhellen, um einen sehr weichen Look zu erhalten.
Das steckt in der Kameratasche
Ich benutze die Nikon Z 7II mit dem NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S, dem NIKKOR Z MC 105mm f/2.8 VR S und dem NIKKOR Z 70-200mm f/2.8 S. Ich liebe lange Brennweiten wie das 105 mm und das 70–200 mm, und ich liebe auch die Vielseitigkeit des 24–70 mm, da ich damit fast alles fotografieren kann. Dieses Objektiv nehme ich nur selten von der Kamera ab. Ich nehme auch die Nikon Z 30 fürs Vloggen und das Filmen von Instagram-Reels und YouTube-Videos. Außerdem habe ich zwei Nikon-Kleinbild-SLRs (F50 und FE2) sowie mehrere NIKKOR-AIS-Objektive, die ich im Laufe der Zeit gesammelt habe und die mir sehr wichtig sind.
Was war deine erste Reaktion auf den Prompt „Licht in der Dunkelheit, Dunkelheit im Licht“?
Ich fand es zuerst ziemlich kryptisch! Dieser Prompt hat uns definitiv aus unserer Komfortzone geholt und uns ermutigt, über den Tellerrand zu schauen. Ich wollte Helligkeit und Dunkelheit nicht nur in der Stimmung der Fotoshootings, sondern auch durch die atemberaubenden Orte um uns herum erzeugen. Nachdem ich den Prompt gehört hatte, ging ich schnell zu Pinterest und stellte ein Moodboard mit Ideen zusammen, wie ich dieses Gefühl an den verfügbaren Orten darstellen könnte. Dann kam der erschreckendste Teil: Wie sollte ich mein Moodboard in so kurzer Zeit und mit begrenzten Mitteln zum Leben erwecken?
Wir suchten ein paar Stunden lang nach Locations, an denen ich Probeaufnahmen machte und mir überlegte, wie das Licht bei den Aufnahmen fallen würde. Am Ende dachte ich: „Du musst einfach improvisieren und das tun, was dir in den Sinn kommt!“
Wie war das Licht?
Ziemlich flach! Darüber war ich am Ende ganz froh. Es wirkte wie eine riesige Softbox über meinem Motiv und gab ein wunderschönes, traumhaftes Licht ab – genau, was ich wollte. Außerdem musste ich so meine Kameraeinstellungen nicht zu häufig ändern.
Das Licht auf dem See war atemberaubend (siehe oben). Das war mein Lieblingsort. Im Wald ging die Sonne schnell unter und es begann zu schneien – was bedeutete, dass das Licht noch mehr gestreut wurde. Ich entschied mich für das NIKKOR Z 85mm f/1.2 S, um an diesem Ort eine herrlich geringe Tiefenschärfe zu erhalten. Ich hatte die Blende komplett offen, um so viel Licht wie möglich einzufangen. So musste ich meinen ISO-Wert nicht erhöhen, was zu einem körnigen Bild geführt hätte. Das 85 mm war dafür perfekt geeignet, weil ich damit meine Bildkomposition bewusster gestalten konnte. Da es die Szene so komprimiert, war ich gezwungen, mit meinen Aufnahmen kreativer zu sein. Ich musste mich damit bewegen. Mit einem Zoom hingegen bleibe ich an einer Stelle stehen und zoome nach Herzenslust hinein oder heraus. Mit dem 85 mm muss man mehr nachdenken. Man ist weiter vom Motiv entfernt, wenn man die Landschaft mit einfangen will – was diese Aufnahme (unten) so spannend machte.
Wie war das mit dem Bildausschnitt?
Bei dem Bild von Jay, meinem Model in dem roten Outfit, wollte ich einen komprimierten Hintergrund haben. Ich nahm das 85 mm, um den Hintergrund so nah wie möglich an ihn heranzuholen. Die Berge waren weit von meinem Motiv entfernt. Ich wollte sie groß und mächtig aussehen lassen. Sie sollten Jay fast überragen. Die Dunkelheit wurde durch seine starke Mimik, seine unerschütterliche Art und seine Körperhaltung erzeugt – und das alles in Verbindung mit den riesigen schneebedeckten Bergen hinter ihm. Die Helligkeit kam durch den Schnee, der das Licht der Umgebung reflektierte, und durch die Wahl seines eher femininen Outfits und Make-ups. Das Crossdressing ist natürlich gewagt – nichts, was das ich zuvor ausprobiert habe. Aber ich bin vom Ergebnis sehr beeindruckt.
Für die Aufnahmen im Wald kamen wir kurz vor Sonnenuntergang gegen 16 Uhr an und es hatte gerade angefangen zu schneien. Das 85 mm war mein bester Freund in diesem Szenario. Ich wollte, dass die Szene den Eindruck erweckt, dass ich ein Voyeur wäre, der sein Model aus der Ferne beobachtet. Ich wollte, dass es sich so anfühlt, als würden die Bäume um Jay herumtanzen, während er ganz ruhig bleibt. Er ist sich meiner Anwesenheit bewusst, weiß aber nicht, wo oder wer ich bin. Das ist der Punkt, an dem ich das Gefühl hatte, dass die Dunkelheit in das Bild einsickert. Das Licht kam vom reflektierenden Gewebe seiner Kleidung und dem weichen Schnee, der um ihn herum fiel.
April Alexanders beste Tipps, um beim Fotografieren für Kund:innen den eigenen Stil zu bewahren
1. Bringt euch selbst, und nur euch selbst, in die Rolle ein
Es gibt eine Menge toller Fotograf:innen. Aber Kund:innen engagieren einen nicht nur wegen der Erfahrung und den Fähigkeiten, die man zu bieten hat, sondern auch wegen der Person selbst. Zeigt die Welt aus eurem Blickwinkel.
2. Entwickelt euren persönlichen Stil
In Leerlaufzeiten persönliche Arbeiten zu schaffen, ist sehr wichtig. Wenn man dann schließlich für Kund:innen fotografiert, mögen diese zwar die Arbeit und das, was man tut. Aber sie haben immer ein Moodboard oder ein Briefing, in dessen Sinne man fotografieren soll. Ironischerweise entspricht das vielleicht nicht immer dem eigenen Stil oder der üblichen Vision. Aber man wurde eingestellt, weil die Kund:innen von der Energie und dem Fachwissen begeistert sind. Man muss seinen Stil also wirklich gefunden haben. Deshalb ist es unerlässlich, dass man in seiner Freizeit immer wieder experimentiert. Selbst wenn man mit Kund:innen voll ausgebucht ist, sollte man auch immer für sich selbst arbeiten! Meistens ist es die persönliche Arbeit, die einem Aufträge verschafft, nicht die Arbeit für andere Kund:innen. Kund:innen sehen gern, wie dynamisch man ist. Experimentiert also weiter! Dadurch erkennen eure zukünftigen Kund:innen, dass ihr über das nötige Wissen verfügt, um ihre Projekte nach ihren Wünschen umzusetzen.
3. Vernetzt euch bestmöglich
Tretet einer Foto-Community bei. Ich bin Teil von zwei wunderbaren Communitys: den Black Women Photographers und den UK Black Female Photographers. Beide haben mich sehr unterstützt und mir viele Türen geöffnet – ganz zu schweigen davon, dass sie mir Glaubwürdigkeit verliehen haben. Wie es auch meine Arbeit als Nikon-Creator getan hat. Über die jeweiligen Websites und Facebook-Seiten könnt ihr beiden Communitys völlig kostenlos beitreten. Sie sind da, um euch zu unterstützen, euch Ratschläge zu geben und euch durch diese schnelllebige Branche zu führen.
Seht euch Aprils Episode von The Human Prompt unten an und folgt ihr hier bei Instagram.
Das Wesen eurer Motive einfangen – mit April Alexander
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Wir stellen vor: The Human Prompt
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