Modefotograf Hermeilio Miguel Aquino über Ausdauer und das Fotografieren für die Vogue & mehr
In der zweiten Folge unserer Serie „What I've learned as“ spricht der Londoner Fotograf Hermeilio Miguel Aquino mit dem Nikon Magazin über seine Entwicklung in den letzten vier Jahren, die Modebranche – und darüber, warum jede:r Fotograf:in ständig lernen sollte
Wenn es ein Wort gibt, um Hermeilio Miguel Aquino, genannt Kino, zu beschreiben, dann ist es Wahrhaftigkeit. Der Kreativdirektor, Modefotograf, Filmemacher und Nikon Ambassador aus New York ist viel unterwegs. Der Inhaber von Kinography und Miteigentümer und Creative Content Producer der Kreativagentur Defiant hat bereits für die Vogue, den London Evening Standard, das Contributor Magazine und Marken wie Fender, Range Rover, Russell & Bromley, Jaguar und Deliciously Ella fotografiert.Hier verrät er, wie er seinen Models das Gefühl gibt, ultimative Held:innen zu sein.
Erfolg kommt nicht von heute auf morgen
„Ich war sehr lange Schauspieler – vom vierten bis zum 30. Lebensjahr“, sagt Hermeilio. „Als ich mit 28 Jahren nach Großbritannien zog, gab mir mein Schwiegervater eine analoge Kamera. Ich fing an, London zu fotografieren. Die Idee, Kunst zu schaffen, gefiel mir sehr – natürlich konnte man damals nicht von ‚Kunst‘ sprechen. Zwei oder drei Jahre lang habe ich gelernt, wie man eine Kamera bedient, und dann hat es eines Tages Klick gemacht und ich habe Belichtung, Belichtungszeit, ISO und andere Einstellungen wirklich verstanden.“
„Ich fing an, kleine Beträge für die Street-Fotos zu bekommen – immerhin genug, um die Kosten für die Filmentwicklung zu decken. Ich wusste nicht wirklich, was ich tat! Ich habe bei vielen Zeitschriften angefragt und alle haben mich abgelehnt. Dann bat mich das Männermagazin Pink Prince 2015, die Fashion Week zu fotografieren – und da stand ich plötzlich vor dem Gebäude. Ich hatte kein Ticket, aber ich ging hinein und sprach mit der Marketingchefin des British Fashion Council und überzeugte sie, mich reinzulassen und erklärte, dass ich für Pink Prince unterwegs war. Und dann war ich dabei! Ich blieb zehn Stunden lang und fotografierte auch im Backstage-Bereich. Am nächsten Tag kam ich wieder und tat genau dasselbe.“
Backstage zu fotografieren ist von unschätzbarem Wert
„Sobald ich drin war, war ich drin. Ich fing an, zu jeder Fashion Week zu gehen und viel Backstage zu fotografieren. Ich war längst auf eine digitale Kamera mit Blitz umgestiegen. Ich fühlte mich allmählich selbstbewusster und lernte, Backstage-Aufnahmen zu machen. Ich habe gelernt, wie man eine Beziehung zu Models aufbaut, die nicht so viel Zeit für Fotos haben, bevor sie auf die Bühne gehen. Ich habe damit experimentiert, die Models an verschiedenen Orten zu fotografieren und den Fotos mit künstlichem Licht einen eigenen Look zu geben.“
Schult euch in allen Bereichen – nicht nur in der Fotografie
„Als ich anfing, wurde ich von vielen verschiedenen Fotostudios abgelehnt. Und dann stellte mich ein Studio namens West London Studio als Lichttechniker und Studiomanager ein. Manchmal war ich auch Assistent des Fotografen. Ich habe dort viel über die geschäftliche Seite der Fotografie gelernt und darüber, wie man verschiedene Arten von Beleuchtung wie Stroboskop und Dauerlicht steuert. Es war eine fantastische Gelegenheit, tollen Fotograf:innen auf den Zahn zu fühlen und von ihnen zu lernen. Zu diesem Zeitpunkt war ich schon viel besser als zu Beginn, aber ich lernte immer noch. Ich lernte und lernte, bis ich mich im Studio sicherer fühlte.“
Ein Inhouse-Job stärkt das Selbstvertrauen
Für Hermeilio ist es von unschätzbarem Wert, als Angestellter zu arbeiten und so schneller mit etablierten Fotograf:innen und Marken in Kontakt zu kommen. „Letztlich ist dieser Beruf zu 50 Prozent Geschäft und zu 50 Prozent Fotografie. Ich empfehle, zuerst als Angestellter zu arbeiten. Zu lernen, wie man mit Marken in Kontakt tritt. Dann kann man ihnen eine E-Mail schicken: ‚Hallo, ich habe gesehen, dass ihr viele Inhalte für soziale Medien produziert, kann ich für eure Marke fotografieren?‘“
Er bekam eine Stelle als Junior Content Producer bei einer Agentur und kümmerte sich um Budget, Kunden und das Fotografieren. „Hier habe ich angefangen, meinen Stil zu entwickeln, während ich verschiedene Dinge für große Marken fotografiert habe. Letztendlich habe ich gelernt, wie ich mit einem begrenzten Budget etwas fotografieren kann, das toll aussieht.“
Wenn das Budget begrenzt ist, muss man kreativ werden
„Als ich nicht auf ein großes Budget zurückgreifen konnte, musste ich mich auf meine Gestaltungskraft verlassen“, erklärt Hermeilio. „Ich musste eine Beziehung zu den Schauspieler:innen aufbauen und sie gut aussehen lassen.“ Das Wichtigste ist es, zu üben. Dann wird man besser in der Regie von Videos.
Manuell fotografieren und in Licht investieren
„Wenn ich im Studio fotografiere und Licht habe, hängen meine Einstellungen von der gewählten Tiefenschärfe ab“, sagt Hermeilio. „Ich fotografiere oft Produkte, also stelle ich einen hohen Blendenwert ein, um sicherzustellen, dass alles scharf ist, und optimiere die Farbbalance. Wenn ihr draußen fotografiert, solltet ihr euch immer den Weißabgleich ansehen und herausfinden, welche Tönung ihr wollt.
„Meine Lieblingsblende ist f/2,8 oder f/1,8, da ich gerne Porträts mit schönem Bokeh fotografiere. Manchmal verwende ich das NIKKOR Z 14-24mm f/2.8 S an meiner Nikon Z 9 oder das NIKKOR Z 85mm f/1.8 S für eine Ganzkörperaufnahme. Außerdem setze ich das NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S und für Video das NIKKOR Z 35mm f/1.8 S ein.
„Ich verwende in meinem Studio Dauerlicht und schaffe eine filmische Beleuchtung mit tiefen Schatten und satten Farben. Draußen spiele ich gerne mit Schatten und natürlichem Licht. Ich fotografiere immer im RAW-Format, weil sich die Nachbearbeitung so einfacher machen lässt.“
Models wie Künstler:innen behandeln
„Ich behandle Models mit dem größten Respekt. Ich behandle sie wie Künstler:innen und beziehe sie von Anfang an in meine kreative Vision ein. Ich bereite sie vor, indem ich sage, dass ich „dieses oder jenes“ in ihrem Gesicht oder ihrer Haltung sehen möchte. Seid höflich und fragt sie immer, wenn ihr sie bewegen müsst.“
Die wichtigste Lektion, die ich im Laufe der Jahre gelernt habe …
„Ich bin jetzt 34 Jahre alt, aber ich bin erst seit vier Jahren Profi. Ich bin stolz auf das, was ich in diesen Jahren erreicht habe. Es ist eine harte Branche, ganz zu schweigen von den Auswirkungen der Corona-Pandemie. Aber wenn man entschlossen ist, recherchiert, Experte wird und das Handwerk lernt, wird man erfolgreich sein. In Wirklichkeit stecke ich, obwohl ich für große Marken und Zeitschriften wie die Vogue arbeite, noch in den Kinderschuhen! Ich habe noch viel Lernen, Kämpfen und Netzwerken vor mir. Die Partnerschaft mit Nikon kam zum Beispiel nur zustande, weil ich sie dreimal angemailt habe! Es liegt in eurer Hand, es zu schaffen.“