9 Top-Tipps zum Fotografieren auf Weihnachtsmärkten
Nikon Creator und Street-Fotograf Marcello Zerletti aus Berlin verrät die besten Kameraeinstellungen für Weihnachtsmärkte, wie man kreativ mit schwachen Lichtverhältnissen umgeht und seine Checkliste für die Nachbearbeitung
Weihnachtsmärkte bieten viele Möglichkeiten, um im manuellen Modus mit den vielen Lichter, Verschlusszeiten, Belichtung und Blende zu spielen. Bereit loszulegen? Die besten Tipps von Marcello Zerletti.
1. Auch kleine Weihnachtsmärkte haben etwas zu bieten
Ich fotografiere gerne den traditionellen Striezelmarkt in Dresden, die Weihnachtsmärkte in Halle und Hamburg, die Märkte in vielen Kleinstädten und natürlich die vielen Märkte in Berlin, wo ich wohne, mit den Karussells und Riesenrädern. Außerdem liebe ich kleine Märkte, die Wert auf Kunsthandwerk, gutes Essen und Tradition legen. Mein Favorit ist der Weihnachtsmarkt am Gendarmenmarkt. Dieses Jahr findet er aufgrund von Bauarbeiten allerdings auf dem Bebelplatz statt.
2. Zoomobjektive für mehr Flexibilität, Festbrennweiten für brillantes Bokeh
Ich fotografiere derzeit mit einer Nikon Z 7II und einer Z f. Normalerweise habe ich das NIKKOR Z 24-70mm f/2.8 S oder das NIKKOR Z 70-200mm f/2.8 VR S auf der Z 7II und das NIKKOR Z 26mm f/2.8 auf der Z f. Mit Zoomobjektiven kannst du Weitwinkelfotos aus der Ferne machen oder dich direkt ins Getümmel stürzen, um die Atmosphäre fotografisch einzufangen. Mit Festbrennweiten hingegen bist du unauffälliger unterwegs und kannst bei offener Blende ein wunderbares Bokeh erzeugen.
3. Mit Blende 1:2,8 werden Details hervorgehoben
Wenn ich mitten auf einem Markt bin, falle ich mit meiner Kamera und meinem Festbrennweitenobjektiv kaum auf. Öffne die Blende wirklich weit (1:2,8 oder 1:1,8, je nach Objektiv) und stelle die ISO-Empfindlichkeit auf 1000 oder 2000. So frierst du Bewegungen ein und hältst den Hintergrund schön unscharf, um das Motiv hervorzuheben. Dabei ist es egal, ob es sich um Personen, Büdchen oder Waren handelt. Die vielen Lichter auf dem Markt fängst du bei offener Blende als wunderbares Bokeh ein. Nutze diese Chance für starke Porträtfotos von Freund:innen und Familie.
Mehr dazu: Was ist Bokeh und wie setze ich es ein?
4. Keine Angst vor hohen ISO-Werten
Fotografiere in RAW, um bei der Bearbeitung später flexibler zu sein. Und hab keine Angst vor einer hohen ISO-Empfindlichkeit. Lieber einen tollen Moment mit etwas Rauschen erfassen, als ihn zu verpassen – das Rauschen kannst du bei der Nachbearbeitung noch etwas reduzieren. Der Moment kommt nicht wieder! Wenn du kein Stativ dabei hast, schalte den Bildstabilisator ein. Ich verwende den Autofokus und oft auch die Motiverkennung. Außerdem fotografiere ich im M-Modus, aber das ist nicht zwingend erforderlich. Ich lasse den Weißabgleich im automatischen Modus, da ich ihn normalerweise während der Bearbeitung anpasse.
Mehr dazu: Warum im RAW-Format fotografieren?
5. Mit Lichtern spielen
Weihnachtsmärkte bieten so viele kreative Möglichkeiten, mit Licht zu spielen. Schwaches Licht ist für moderne Z-Bajonett-Kameras kein Problem. Mit einem Bildstabilisator und einer höheren ISO-Empfindlichkeit kannst du alles fotografieren, was du willst. Die Z f verfügt sogar über Fokusmessfeld VR. So ist es möglich, verwacklungsfreie Fotos aus der Hand mit einer relativ langen Belichtungszeit von z. B. 1/10 oder 1/6 Sekunde aufzunehmen. Wenn ich Lichterketten stärker leuchten lassen möchte, verwende ich oft einen Black-Mist-Filter. Ich mag es besonders, wenn die Lichter noch ein gewisses Glühen haben, aber das ist Geschmackssache.
6. Experimentiere mit bewusster Kamerabewegung
Von Intentional Camera Movement (ICM) spricht man, wenn du deine Kamera während der Belichtung bewusst bewegst, um einen kreativen Effekt zu erzielen. Dadurch entstehen Streifen, Texturen und Schichten im Bild. Bei all den schönen Lichterketten auf den Weihnachtsmärkten lassen sich damit tolle Ergebnisse erzeugen. Entscheide dich zunächst für ein Motiv. Wähle dann den Bildausschnitt und die Einstellungen, bevor du die Kamera mit gedrücktem Auslöser bewegst. Probiere verschiedene Belichtungszeiten und Bewegungen aus – sei kreativ!
7. Lenke die Aufmerksamkeit auf dein Motiv
Ich mag minimalistische und ruhige Fotos. Aus rechtlichen Gründen versuche ich, erkennbare Personen auf den Fotos zu vermeiden. Deshalb fotografiere ich Menschen entweder von hinten, als Silhouette oder unscharf in Bewegung, fast immer mit einem Wahrzeichen oder schönen Ort im Hintergrund. Um die Bilder lebendiger zu machen, nehme ich oft eine laufende oder radfahrende Person auf, die auch zum Größenvergleich dient. Meine Bilder sind nie mit vielen Dingen überladen. Ich fotografiere gerne im Dunkeln oder in der Dämmerung. Ich versuche alles zu reduzieren und habe oft nur eine Lichtquelle und eine Person im Bild. Dadurch wird die Aufmerksamkeit beim Betrachten voll auf das Motiv gelenkt.
8. Selbstbewusst? Experimentiere mit Langzeitbelichtung
Für Langzeitbelichtungen verwende ich ein kleines Stativ, oder ich stelle die Kamera auf einen geeigneten Gegenstand, etwa einen Briefkasten oder einfach auf den Boden. Wenn ich zum Beispiel Fahrgeschäfte mit Langzeitbelichtung fotografiere, stelle ich mein Stativ außerhalb des Marktes auf. So kann ich mir bei den Aufnahmen Zeit lassen und stehe niemandem im Weg. Ich achte dabei besonders auf die Linien und Muster, die sich aus den Bewegungen ergeben. Halte Ausschau nach Spiegelungen, zum Beispiel in Pfützen oder Fenstern, die du in deine Komposition einbeziehen kannst. Solche Fotos mache ich normalerweise mit einer geschlossenen Blende wie f/8 bis f/10, damit alles scharf ist. Die Blende sollte nicht mehr als auf f/14 geschlossen sein, da sonst Beugungsunschärfe entsteht.
Manchmal verwende ich auch abgestufte Neutraldichtefilter (GND), wenn ich sehr lange belichte. Welchen ND (GND) Filter ich verwende, hängt davon ab, wie lange ich belichten möchte und wie hell es draußen ist. Bei Dunkelheit reicht normalerweise ein ND 0,9 oder ein ND 1,8 aus, um sehr lange Belichtungen zu machen. Wenn du extra lange Belichtungen machen willst, kannst du auch einen ND 3,0 verwenden. Außerdem lohnen sich auch sehr lange Belichtungszeiten von mehreren Minuten. Betätige den Auslöser mithilfe einer Fernsteuerung oder nutze die App SnapBridge. So musst du die Kamera nicht berühren. Achte auf das Licht und halte die Aufnahme ein wenig dunkler. Du kannst die Tiefen später in der Nachbearbeitung aufhellen. Verwende auch das Histogramm in der Kamera, um die Aufnahme besser einzuschätzen. Hol dir vom Veranstalter eine Erlaubnis für die Mitnahme eines Stativs.
Mehr dazu: Du weißt schon alles zu Langzeitbelichtung? Hier kannst du dein Wissen überprüfen
9. Weißabgleich und Farben in der Nachbearbeitung anpassen
Die Nachbearbeitung geht normalerweise relativ schnell. Ich brauche wirklich nie mehr als 15 Minuten. Wenn ich ein Foto mache, habe ich das Ergebnis bereits im Kopf. Ich passe den Weißabgleich und die Farben nur nach meinem persönlichen Geschmack an. Das stimmt nicht immer mit den tatsächlichen Farben überein. Manchmal mache ich zum Beispiel die Bilder wärmer, als sie tatsächlich waren. Das entscheide ich von Bild zu Bild. Entgegen mancher Regel lasse ich dunkle Bereiche dunkel und helle Bereiche hell – ich verstärke diese Effekte sogar. Dies führt automatisch zu hohem Kontrast und macht das Bild in meinen Augen natürlicher. Aber auch das ist eine Frage des Geschmacks. Ich lasse mich gerne von Gemälden alter Meister wie Dürer, Rembrandt, Caspar David Friedrich, Canaletto und anderen inspirieren.
Street-Fotograf, Autor und Coach Marcello Zerletti ist ein Nikon Creator aus Berlin. Sein neuestes Buch „Nachtfotografie“ ist am 6. Dezember erschienen. Folge ihm und seinen Unternehmungen hier.
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